National Library of Latvia

Lettlands neue Nationalbibliothek: Bücher im Lichtschloss

About: Latvia’s new national library Riga
Pri: La nova nacia biblioteko de Latvujo en Riga
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 22.08.2014


Die neue Nationalbibliothek in Riga ist ein Symbol Lettlands

Die Kultur war vor dem Staat da: Bücher auf Lettisch gibt es seit 500 Jahren; ein unabhängiges Lettland wurde erst 1918 gegen Russen und Deutsche erkämpft. Auch während der sowjetischen Besatzung, als offiziell nur Russisch etwas galt, hielten die rund zwei Millionen Letten zäh an ihrer Sprache fest. Über den Neubau ihrer Nationalbibliothek in Riga stritten sie fast 20 Jahre lang so leidenschaftlich wie anderswo nur über Sportstadien.

Diesen Januar nun konnte das „Gaismas pils“ (Schloss des Lichts) genannte Haus endlich symbolisch eingeweiht werden, passend zum Jahr von Riga als „Europäischer Kulturhauptstadt“: Rund 25.000 Menschen bildeten trotz klirrender Kälte eine Kette und reichten von Hand zu Hand die ersten Bücher weiter, vom Altbau im Stadtzentrum über die Düna-Brücke hinweg bis zu den neuen Regalen.

Lettisches Lichtschloss
Lettisches Lichtschloss

Nach Abschluss des Umzugs wird der 68 Meter hohe Neubau mehr als vier Millionen Bücher beherbergen, dazu über 1000 Leseplätze, Konferenzräume, Ausstellungssäle und ein Restaurant. Der schimmernde Palast, der sich gegenüber von Rigas Altstadt in der Düna spiegelt, hat inklusive der Keller 13 Stockwerke; seine Baukosten werden mit knapp 200 Millionen Euro angegeben. Einen Teil davon hat eine Stiftung aufgebracht, die von 140 Prominenten gegründet wurde. Wer sich verewigen will, kann noch spenden: Ab 150 Euro wird der Name im Atrium eingraviert.

Dünabrücke und Nationalbibliothek in Riga
Dünabrücke und Nationalbibliothek in Riga

Geplant wurde die Nationalbibliothek von Gunars Birkerts, der 1925 in Riga geboren wurde, am Ende des Zweiten Weltkrieges in den Westen floh und dann in den USA zu einem berühmten Architekten wurde. Inspirieren ließ er sich dabei von zwei lettischen Legenden: In der einen Erzählung erklimmt ein Bauer einen Glasberg, um eine dort schlafende Prinzessin zu erlösen. In der anderen versinkt ein Lichtschloss in einem dunklen Gewässer und wird erst wieder auftauchen, wenn Lettland eine freie Nation sein wird. Das Lied „Gaismas pils“ gehört zum Repertoire jedes lettischen Chores und ist obligatorisch für die alle fünf Jahre stattfindenden Liederfeste.

Bücherregale in der lettischen Nationalbibliothek
Bücherregale in der lettischen Nationalbibliothek

Die Fassade des leuchtenden Schlosses soll an Birkenwälder erinnern, auch an traditionelle Gehöfte und Dachformen. „Eine Nationalbibliothek ist immer mehr als ein bloßer Aufbewahrungsort für Bücher“, sagte Birkerts der deutschen Nachrichtenagentur dpa: „Sie ist ein nationales Symbol und einer der Grundpfeiler eines Landes – ein Objekt, das ein Volk und seine Kulturgeschichte zusammenhält.“

Die erste Ausstellung in der neuen Bücherei heißt „1514. Das Buch. 2014“. Nationalbibliotheken aus ganz Europa haben dafür 80 Bücher aus dem Jahr 1514 nach Riga geschickt. Die Schau wird bis 1. April 2015 dauern und gehört so auch zum Begleitprogramm für Lettlands EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr. Eurokraten und Politiker werden allerdings kaum Zeit für die Renaissance-Schätze finden. Und schon gar nicht, um in Ruhe zu schmökern.

Martin Ebner

Lettlands Nationalbibliothek: www.lnb.lv/en

Eingang der lettischen Nationalbibliothek
Eingang der lettischen Nationalbibliothek

 


Foto: National library in Riga, Latvia. Nacia biblioteko en Riga, Latvujo. Nationalbibliothek in Riga, Lettland

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Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.