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UNPO: Lobby für übersehene Völker

About: The Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO) represents indigenous peoples, minorities, and unrecognised or occupied territories. It is headquartered in The Hague, Netherlands.
Pri: UNPO advokatas popolojn kiuj estas ekster la oficiaj interŝtataj organizoj kiel la Uniĝintaj Nacioj. Membroj estas ekz. Tajvano, Abĥazio kaj Kosovo.
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 10.09.2010


Die UNPO vertritt Menschen ohne anerkannten Staat

Was ist schlechter als eine unfähige, korrupte Regierung? Überhaupt keine eigene Regierung zu haben, kann auch sehr unangenehm sein. Dass Staatenlose bei Fußballweltmeisterschaften und Misswahlen nicht mitmachen dürfen, ist noch das geringste Problem. Wer nicht wenigstens auf dem Papier ein paar Repräsentanten hat, die vom Rest der Welt anerkannt werden, kommt nicht nur schwer an einen Reisepass, sondern wird auch von der UNO mehr oder weniger ignoriert. Für Flüchtlinge oder Opfer von Naturkatastrophen kann aber die Aufmerksamkeit der diversen UNO-Einrichtungen eine Frage von Leben und Tod sein.

Damit nicht ganze Völkerschaften einfach übersehen werden, gründeten 1991 der tibetische Dalai Lama, australische Aborigines, Krimtataren und 12 weitere Nationen in Den Haag die UNPO, die „Organisation für nichtrepräsentierte Nationen und Völker“. Als Internationale Organisation wird diese nur von Holland anerkannt; für die luxemburgische Regierung und die übrigen Staaten ist die UNPO nur eine – ziemlich lästige – Bürgerinitiative. Eine Art Greenpeace für marginalisierte Völker, die keine eigene Vertretung bei der UNO haben. „Wir sprechen nicht über benachteiligte Menschen, wir helfen ihnen, für sich selbst zu sprechen“, erklärt die UNPO-Koordinatorin Maggie Murphy den Unterschied zu Amnesty International und ähnlichen Organisationen.

Die UNPO betreut mittlerweile von Abchasien über Taiwan bis Zanzibar rund 57 De-facto-Staaten, besetzte Gebiete und indigene Völker, zu denen insgesamt um die 150 Millionen Menschen gehören. „Es ist ein ständiges Kommen und Gehen“, berichtet Maggie Murphy: „Unser neustes Mitglied sind seit Februar die Ogaden in Äthiopien.“ Pro Jahr werden rund fünf Mitgliedsanträge bei der UNPO eingereicht. Sechs, sieben weitere Völkervertreter erkundigen sich nach den Aufnahmebedingungen – nicht alle wollen sich dann aber bekennen zu Demokratie und Menschenrechten, Gewaltfreiheit, Selbstbestimmung und Umweltschutz. Der Beitritt von König Fon Fogum Gorji Dinka, Oberhaupt der Republik Ambazonia, wurde mangels dazugehörendem Volk abgelehnt. Ansonsten gibt es „für Nationen keine fixen Kriterien“, sagt UNPO-Kassenwart Jeroen Zandberg: „Letztlich entscheidet die Generalversammlung der derzeitigen UNPO-Mitglieder über die Aufnahme neuer Mitglieder. Oder über Ausschlüsse.“

Die Ambitionen der UNPO-Mitglieder sind höchst unterschiedlich, erläutert Murphy: „Nicht alle wollen wie Kosovo eigene Staaten werden. Ethnische Minderheiten wollen oft nur mehr Rechte.“ Aceh etwa ging es um Autonomie innerhalb Indonesiens; und als die erreicht war, trat Aceh wieder aus der UNPO aus. Die Hmong wären schon froh, wenn man sie am Leben ließe; 4.000 von ihnen wurden im Dezember aus einem thailändischen Flüchtlingslager nach Laos abgeschoben und sind seither „verschwunden“. Besonders große Schwierigkeiten haben auch die Uiguren und Mongolen in China, die Baloch und Sindh in Pakistan, die Ahwazi und Kurden im Iran.

Noch-nicht-Diplomaten, denen es trotz zahlreicher Repressionen und Schikanen gelingt, mit der UNPO in Kontakt zu bleiben, bekommen vor allem Nachhilfe in effektivem Lobbying. Diesen Juli [2010, mte] besuchten zum Beispiel 25 junge Vertreter der burmesischen Mon, der äthiopischen Oromo und einer Reihe weiterer Völker in Den Haag Einführungskurse ins Völkerrecht; Workshops machten sie mit UN- und EU-Einrichtungen vertraut, aber auch mit PR-Methoden und „gewaltfreien Aktivismus-Techniken“. Die Organisationsarbeit dafür haben vor allem die rund 20 Trainees erledigt, die in den UNPO-Büros in Den Haag und Brüssel jeweils vier Monate lang unbezahlte Praktika absolvieren.

Ehemalige UNPO-Mitglieder, die es zu souveränen Staaten gebracht haben, sind dagegen „nicht so engagiert“, bedauert Maggie Murphy. Immerhin hat schon eine ganze Reihe Nationen die UNPO als Sprungbrett zur UNO genutzt: Estland, Lettland, Armenien, Georgien, Timor und Palau sind nun unabhängig. Die Regierungen dieser Länder verkehren jetzt aber lieber mit anderen anerkannten Regierungen als sich um die Schmuddelkinder der Staatenwelt zu kümmern. Das UNPO-Jubiläum, das nächstes Frühjahr im Friedenspalast in Den Haag gefeiert werden soll, ist „bittersüß“, meint UNPO-Generalsekretär Marino Busdachin: „Es gibt nicht viele NGOs, die auf 20 Jahre ununterbrochenen Aktivismus stolz sein können. Andererseits zeigt unser Geburtstag, dass rund um die Welt immer noch viele Völker marginalisiert und unrepräsentiert bleiben.“

Martin Ebner

Link (last update: 28.04.2014):
www.unpo.org


 

Foto: Flag of Abkhazia and other souvenirs in UNPO’s headquarter in The Hague, Netherlands; Flago de Abĥazujo kaj aliaj memoraĵoj en la oficejo de UNPO en Den Haag, Nederlando; Fahne von Abchasien und andere Souvenirs im UNPO-Büro in Den Haag, Niederlande


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Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.