Friedingen Walnüsse

Revival der Walnüsse: fett und knackig

About: Revival of walnut farming in Germany and Switzerland.
Pri: Remalkovro de juglandoj en Germanujo kaj Svislando.
Published, Aperis: Südwestpresse, 14.11.2020


Eine bekannte Unbekannte kommt zurück: In Oberschwaben werben Umweltschützer für ein Revival der einheimischen Walnuss.

Nikolausstiefel, Adventsschmuck oder Gabenteller: zum Jahresende werden Walnüsse in rauen Mengen gebraucht. Es gibt bei uns auch viele Nussbäume, besonders im Bodensee-Hinterland, am Albtrauf und zwischen Krumbach und Augsburg. Verkauft werden hierzulande aber fast nur importierte Walnüsse, meist aus Kalifornien oder Chile. Nachfrage und Angebot finden nicht zusammen, klagt Ulfried Miller: „Viele einheimische Besitzer von Walnussbäumen wissen nicht, was tun mit ihrer Ernte. Oft werden die Nüsse billig verramscht, verbrannt oder sie vergammeln einfach.“

Ulfried Miller ist der Geschäftsführer des Bunds für Umwelt- und Naturschutz in Ravensburg. Dass sich Umweltschützer den Kopf zerbrechen über den Agrarmarkt, Rentabilität und Lieferketten, ist eher ungewöhnlich. Schön und nützlich sein reicht allerdings nicht, wenn ehrwürdige Nutzpflanzen überleben sollen. Stattliche Walnussbäume prägen die Landschaft; in ihrem Geäst hausen Spechte und Siebenschläfer, Juchtenkäfer und Stöpselameisen; ihre ausladenden Kronen beschirmen seltene Gelbsterne und andere Frühblüher. Gepflegt oder gar neu gepflanzt werden Nussbäume aber auf Dauer nur, wenn es sich rechnet. Miller versucht daher, Bauern die Walnuss als „pflegeleichte Alternative“ zu anderen Streuobst-Hochstämmen schmackhaft zu machen. Dazu knüpft er auch ein Netz von Ölmühlen und Lebensmittelhändlern.

Beuren Walnussbaum
Walnussbaum in Beuren, Deutschland

Baumriesen, die erst nach 10 Jahren die ersten Früchte tragen und schon mal 25 Meter hoch werden, passten nach dem Zweiten Weltkrieg der deutschen Landwirtschaftspolitik nicht mehr. Die Zuchtgärten in Geisenheim bei Wiesbaden, wo in den 1930er Jahren die bei uns meistverbreiteten Walnuss-Sorten entstanden, wurden aufgegeben. Die heimische Walnuss-Ernte wird schon lange nicht mehr statistisch erfasst, sie gilt bloß noch als schrulliges Hobby. Erst seit kurzem werden die wärmeliebenden Bäume als potentielle Gewinner des Klimawandels gesehen. Die Walnuss-Wissenschaft muss nun wieder neu anfangen. Das Bodensee-Obstbauzentrum in Bavendorf hat diesen Herbst Walnüsse gesammelt, um einen Garten mit rund 30 regionalen Sorten aufzubauen.

Aus Oberschwaben könnten pro Jahr schätzungsweise 20 Tonnen Walnüsse vermarktet werden. Mit Forschern der Hochschule Albstadt-Sigmaringen hat der BUND-Ravensburg dafür neue Produktideen gesucht, vor allem Verwertungsmöglichkeiten für Reststoffe. Drei Innovationen sollen jetzt in Pilotprojekten getestet werden: Gin aus grünen Früchten, Flips oder Chips aus Trester und Brotaufstrich aus dem Bodensatz, der beim Pressen von Walnussöl entsteht. Alles „vegan, glutenfrei und nachhaltig“, betont Ulfried Miller, der an der Werbung tüftelt. Walnüsse enthalten viele Vitamine, Proteine und Mineralstoffe. Mit 62 Prozent Fettgehalt sind sie nicht gerade Schlankmacher – aber es sind ungesättigte Fettsäuren, die als gesund gelten. Knackige Produktnamen braucht es auch noch: Watella, Wally, Waroni oder vielleicht Wobazda?

Entwicklungshilfe bekommen die schwäbischen Nuss-Aktivisten aus der Schweiz, wo Erhaltungsinitiativen bereits früher starteten. In dem Dorf Hörhausen, auf dem Seerücken südwestlich von Konstanz, hat Heinrich Gubler die größte Walnuss-Sammlung Europas gepflanzt: 5.000 Bäume, über 300 Sorten. Alle paar Jahre treffen sich hier Tausende Fans zum „Tag der Nuss“ – 2021 wieder, so Corona will. Neue Züchtungen aus Gublers Nussbaumschule könnten allerdings Landwirte und Umweltschützer wieder auseinanderbringen: Kleine Plantagenbäumchen, die schnell und viel Ertrag bringen, sind profitabel – aber kein Vergleich zur artenreichen Schönheit uriger Hochstämme.

Martin Ebner

Walnuss-Projekt in Oberschwaben: www.bund-bodensee-oberschwaben.net

Siehe auch: Leckeres Ländle – Spezialitäten aus Baden-Württemberg


Walnuss-Ausstellung
Walnuss-Ausstellung bei den Naturschutztagen in Radolfzell

Farbenlehre: im Grün stecken auch Schwarz, Braun und Rot

Wer sich an Blättern oder grünen Fruchthüllen der heimischen Walnuss (Juglans regia) vergreift, bekommt schnell schwarze Finger. Manchmal sind helle Schuhe nicht mehr sauber zu bekommen, wenn sie Walnuss-Laub zu nahe kommen. Der Grund dafür ist eine stark färbende Biowaffe: Walnusspflanzen verteidigen sich gegen Pilze, Ungeziefer und andere Bäume mit Juglon, einer giftigen Chemikalie. Bloß die Nusskerne sind frei davon. Natürlich lässt sich Juglon auch absichtlich zum Kolorieren nutzen, etwa um Haut oder Haare zu bräunen oder Textilien von hellgelb bis tiefbraun einzufärben.

Für Schwarze Walnüsse, auch als Fränkische, Pfälzer oder Badische Trüffel bekannt, müssen Juglon und Gerbstoffe erst ausgewaschen werden. Dazu werden bereits im Juni grüne, noch weiche Walnüsse geerntet, mit Nadeln rundherum eingestochen und mehrere Wochen in Wasser gelegt. Wer dabei nicht aufpasst, hat tagelang schwarze Hände. Anschließend werden die Früchte in einer Zuckerlösung eingekocht und mindestens bis Weihnachten eingelagert. Die tiefschwarz glänzenden Knollen werden dann in dünne Scheiben geschnitten und zu Fleisch, Käse oder Süßigkeiten serviert. Püriert lässt sich daraus auch eine umwerfend dunkle Marmelade fabrizieren.

Die gehirnförmigen Walnusskerne sind eigentlich nicht für Eichhörnchen oder Kinder gedacht, sondern sollen im Frühjahr kleine Keimlinge ernähren. Bei den meisten Walnuss-Sorten sind diese Speicherkeimblätter braun oder beige – je trockener der Sommer, desto dunkler. Es gibt aber auch Sorten mit roten Keimhäuten. Am berühmtesten ist die Rote Donaunuss, die zuerst in Niederösterreich gezüchtet wurde. Intensiv rot sind auch die Rote Gublernuss aus der Schweiz und die Red Rief, eine Kreation der Wein- und Obstbau-Anstalt in Weinsberg. Leider sind diese spektakulären Sorten besonders empfindlich, liefern vergleichsweise geringe Erträge und erhalten ihre Kernfarbe nur bei Veredelung.

Alles über das bunte Juglans-Universum: www.walnussbaum.info



Foto: Walnuts. Juglandoj. Walnüsse in Friedingen, Deutschland

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Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.