Typewriter in army museum Dresden

Lexikon der „Vergangen- heitsbewältigung“

About: Encyclopedia about Germany’s handling of its Nazi past
Pri: Enciklopedio pri kiel Germanujo traktas sian faŝistan pasintecon
Published, Aperis: NZZ am Sonntag, 27.01.2008


Viel Geschreibe, wenig tätige Reue

Schlimm, die Nazi-Zeit. Wie aber die Deutschen nun damit umgehen – ist das nicht unschlagbar? Im Vorwort spart Micha Brumlik, ehemaliger Leiter eines Frankfurter Instituts zur Geschichte des Holocausts, nicht mit Eigenlob: Im Vergleich mit der Aufarbeitung anderer Diktaturen steche die westdeutsche Vergangenheitsbewältigung „in jeder Hinsicht hervor“, die Bundesbürger könnten „darauf stolz sein“. Das Lexikon, das dazu der Bielefelder Germanist Matthias Lorenz und der Lüneburger Kulturwissenschaftler Torben Fischer herausgeben, ist tatsächlich beeindruckend: In 170 knappen Einträgen und einer umfangreichen Bibliographie geben 62 Autoren einen Überblick zur ausufernden Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus seit 1945.

Gegliedert ist das Werk von „ersten Reflexionen“ nach dem Krieg bis zu den heutigen Planungen für ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ in sechs Zeitabschnitte. Darin eingefügt sind längere Exkurse zu zeitübergreifenden Themen wie Rechtsextremismus, Leugnung des Holocausts, Antiziganismus und die „oberflächliche Abarbeitung des Nationalsozialismus“ im Schulunterricht. Auf die Nachgeschichte des „Dritten Reichs“ in der DDR wird nur am Rand eingegangen.

Der Schwerpunkt des Lexikons liegt auf Büchern und Filmen, Medien-Kampagnen und Kontroversen von Wissenschaftlern. Behandelt werden aber auch zum Beispiel Gerichtsprozesse, der Umgang mit Gedenkstätten, Comics und kriegsverherrlichende „Landser“-Zeitschriften. Trotz des kulturgeschichtlichen Ansatzes wird dankenswerter Weise nicht verschwiegen, dass NS-Juristen und Beamte ihre Karrieren nach 1945 unbehelligt fortsetzten, Gestapo-Verbrecher sich mit einem „Gesetz über Ordnungswidrigkeiten“ selbst amnestierten und Entschädigungen weitgehend vermieden wurden. Während ganze Bibliotheken über die Nazi-Opfer geschrieben wurden, haben sich die Täter in Deutschland ganz gut eingerichtet.

Martin Ebner

Buch:
Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland, Bielefeld: transcript Verlag 2007, 394 S.

Eine Fallstudie aus Friedrichshafen: Die Entnazifizierung von Zeppelin, Maybach, Dornier & Co.



Foto: Typewriter from Hitler’s bunker in Berlin, seen in the museum of the German army in Dresden; Skribmaŝino el bunkro de Hitler, en la muzeo de la germana armeo en DresdenSchreibmaschine aus dem Führerbunker, im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden.


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Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.