AIIB: Pekings Handlanger

About: At record speed the Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) became a rival to the World Bank. China’s diplomatic success is dividing „Western“ clubs like the EU or the G7.
Pri: La nova internacia banko AIIB financas infrastrukturon – kaj la ekspansion de ĉina povo.
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 28.06.2019


Die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) finanziert den Ausbau von Chinas Macht

In Rekordzeit from rags to riches! Eben noch war China ein Entwick-lungsland. Vor 20 Jahren fing die „Volksrepublik“ an, selbst im Aus-land zu investieren. Im Oktober 2013 schlug Chinas Präsident Xi Jinping die Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) vor. Ein Jahr später unterzeichneten die ersten Staaten dafür Verträge. Im Januar 2016 nahm die jüngste der multilateralen Entwick-lungsbanken ihren Betrieb auf: Hauptsitz in Peking, Arbeitssprache Englisch, schon über 250 Angestellte. Ihre Recheneinheit ist der US-Dollar: Von 100 Milliarden USD Stammkapital wurden 20 einge-zahlt, 80 sind abrufbar.

Mit bereits 97 Mitgliedsstaaten spielt die AIIB auf Anhieb in der gleichen Liga wie die Weltbank-Gruppe (WBG) und die Asiatische Ent-wicklungsbank (ADB), die von den USA, beziehungsweise Japan do-miniert werden. Die USA und Japan halten sich bis heute fern von der AIIB. Als offizielle Begründung werden Zweifel angeführt, dass die neue Bank den internationalen Standards genüge: Umweltschä-den, Menschenrechtsverletzungen, Verschuldung und Korruption seien Hauptrisiken, wenn Megaprojekte ganze Kontinente umkrem-peln – und China habe da keine guten Referenzen.

Vergeblich versuchte US-Präsident Obama, auch andere Staaten vom Beitritt abzuhalten. Als erstes scherte Großbritannien aus, das Geld für neue Atomkraftwerke brauchte. Belgien zierte sich bis März 2017, Kanada und Vanuatu bis März 2018. Tschechien und Mexiko überlegen noch. Taiwans Beitrittsantrag wurde umgehend abgelehnt.

Luxemburg, das sich bei der ADB und der Afrikanischen Entwick-lungsbank gut 40 Jahre Bedenkzeit gelassen hatte, stieg bei der AIIB gleich im Juni 2015 mit fast 70 Millionen US-Dollar als „erstes nicht-regionales Gründungsmitglied“ ein. Falls das Luxemburger Parla-ment darüber debattiert oder gar wie der Deutsche Bundestag Bedingungen formuliert haben sollte, wurde das bisher geheim gehalten. Vielleicht lohnt es sich, wenn man die chinesische Regierung nicht mit kritischen Fragen nervt: Am 12. und 13. Juli 2019 findet in Luxemburg die erste Jahrestagung der AIIB außerhalb Asiens statt. Nach Mumbai kamen dazu letztes Jahr über 3.000 Teilnehmer.

China hält 30,34% der AIIB-Anteile und 26,06% der Stimmrechte. Dazu kommen 0,85% von Hongkong, das pro forma als eigen-ständiges Mitglied zählt. Der Anteil aller „nicht-regionalen“, also nicht-asiatischen Mitglieder ist auf 25% begrenzt. Nach Indien (7,51%) und Russland (5,93%) ist Deutschland mit einem Kapital-anteil von rund 4,5 Milliarden US-Dollar (4,15%) der viertgrößte Eigner und das größte „westliche“ Mitglied. Mit jeweils mehr als 1% sind auch Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande dabei.

Dass die Europäer sich in AIIB-Fragen absprechen oder eine Ein-Europa-Politik verfolgen würden, kann man ihnen nicht vorwerfen: 12 Euro-Staaten werden von einer AIIB-Direktorin vertreten, die in Österreichs Botschaft in Peking stationiert ist. Für Skandinavien, die Schweiz, Brexit-UK und osteuropäische EU-Länder ist dagegen ein britischer Direktor zuständig, der der Einfachheit halber in London verblieben ist. Die AIIB ist ein diplomatischer Erfolg Chinas, der westliche Klubs wie die G7 oder die EU auseinanderdividiert.

AIIB-Präsident Jin Liqun war früher unter anderem Vizefinanzmini-ster Chinas und Vizepräsident der ADB. Zum senior management der AIIB zählen außer drei Asiaten auch vier Europäer, die allerdings keiner Regierung oder der EU, sondern nur sich selbst Rechenschaft schulden: Sir Danny Alexander, früher Chefsekretär des britischen Finanzministeriums, ist „Corporate Secretary“. Der Franzose Thierry de Longuemar, früher Vizepräsident bei ADB und AfDB, ist „Chief Financial Officer“. Joachim von Amsberg, deutscher Ex-Weltbankvize, ist Vizepräsident für „Policy and Strategy“. Sein Landsmann Martin Kimmig, ex Weltbank, ist „Chief Risk Officer“. Anders als bei anderen Entwicklungsbanken arbeiten diese „Aufseher“ nicht permanent am Hauptsitz; sie haben wohl eher dekorative Funktionen. AIIB-Präsident Jin darf Kredite an Unternehmen bis 100 Millionen und an Staaten bis 200 Millionen US-Dollar ganz allein bewilligen.

Dämme in Manila, Straßen in Gujarat, Gas-Anschlüsse in Peking: bis-her hat die AIIB bereits 8,03 Milliarden US-Dollar in 40 Projekte in-vestiert, vor allem in den Bereichen Energie, Verkehr und Wasser. Die Hauptempfänger waren Indien (2,2 Mrd.), Indonesien (0,94 Mrd.) und Türkei (0,80 Mrd.). Bislang waren es meist Ko-Finanzie-rungen mit anderen Entwicklungsbanken, etwa mit der Weltbank in Ägypten, der EIB in Indien, der EBRD in Tadschikistan. Für das um-strittene Nenskra-Wasserkraftwerk in Georgien zum Beispiel geben ADB, AIIB, EBRD, EIB und eine koreanische Bank zusammen 1 Mil-liarde US-Dollar. Die AIIB baut erst nach und nach ein eigenes Port-folio auf; ihre „Gründungsphase“ soll 2020 abgeschlossen werden. Danach will die AIIB für ihre Projekte über 10 Milliarden US-Dollar Kredite aufnehmen. Pro Jahr, versteht sich.

Zunächst hatte China vermieden, die AIIB in einen Zusammenhang mit der „Neuen Seidenstraße“ zu bringen. Mittlerweile spricht Jin Liqun von seiner Bank und der Belt-and-Road-Initiatve als „zwei Motoren“ desselben Flugzeugs. Einen „Schleier von Multilateralismus“ nennt das die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald: Die westlichen AIIB-Eigner liefen Gefahr, „Steigbügelhalter für Chinas weltpolitische Interessen“ zu werden. Peking allein hätte für eine neue Bank kein Triple-A-Rating bekommen, meint die Umweltökonomin Korinna Horta: „China hat sich mit der AIIB ein multilaterales Instrument geschaffen, in dem Peking die Regeln bestimmt“. Das sei wirksamer als die eigene Wirtschaftsmacht allein: „strategisch intelligent und durchdacht“.

Für Urgewald und die Heinrich-Böll-Stiftung der deutschen Grünen hat Horta eine Studie zu den ersten drei Jahren der AIIB verfasst. Die Bilanz sei „sehr ernüchternd“. Von der PR-Agentur Saatchi & Saatchi und einem ehemaligen Greenpeace-Mitarbeiter lasse die AIIB viel zu nachhaltiger Infrastruktur, Transparenz, Rechtstaatlich-keit etc. schreiben – „all die richtigen Slogans und Schlagworte“. Die „richtigen Worte“ hätten für Chinesen aber schon mal eine andere Bedeutung: Neue Kohlekraftwerke zum Beispiel, die von der Welt-bank nicht mehr finanziert werden, sind für die AIIB eine „Men-schenrechtsangelegenheit“.

In der Praxis sei Effizienz die Priorität der AIIB: „maximaler Kapital-abfluss bei möglichst geringen Auflagen“. Die zunehmende Kon-kurrenz von Entwicklungsbanken bedrohe hart erkämpfte Umwelt- und Sozialstandards, warnt Horta: „Die Welt hat keinen Mangel an Kapital zur Finanzierung von Infrastruktur. Es ist vielmehr schwierig, bankfähige Projekte zu finden. Dadurch erhöht sich der Druck.“ Westliche Parlamentarier müssten unbedingt das Treiben der Ent-wicklungsbanken besser kontrollieren: „Sie sollten bereit sein, die AIIB-Führung mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren und sich nicht von möglichen verärgerten Reaktionen Chinas einschüch-tern lassen.“

Der Werbespruch der AIIB ist „lean, clean and green“. Wer sich darauf verlässt und auf Teilhabe an Chinas Infrastruktur-Boom hofft, könnte die eine oder andere Überraschung erleben. In einem Interview des Journals Asia Money machte AIIB-Chef Jin Liqun im April 2017 keinen Hehl aus seiner Strategie: „If you induce countries to join with nice words, once they are on the boat and it is moored in the middle of the lake, what can they do? No lifejacket!”

Martin Ebner

  • Die Studie „Die Asiatische Infrastruktur Investment Bank (AIIB): Eine multilaterale Bank, in der China die Regeln bestimmt“ von Korinna Horta ist unter www.boell.de zu lesen.
  • Zu Projekten aller Entwicklungsbanken informiert das „Early Warning System“, eine große Datenbank von Nichtregierungsorganisationen: ews.rightsindevelopment.org

Die obskure Welt der multilateralen Investitionsbanken

Pipelines, Kraftwerke, Häfen: Politiker bauen gerne mit fremdem Geld. Die Spezialbanken für „Entwicklung“ richten allerdings oft eher Zerstörung an. Ihre „commitments“ sind nicht zu verwechseln mit tatsächlichen Auszahlungen, geben aber eine Vorstellung von der Größe der Bank (Zahlen laut Jahresberichten, ggf. eigene Umrechnung in US-Dollar).

Name  Kür­zel Grün­dung Sitz Biggest Daddy Staaten  Commitments FY 2018 (Mrd. USD)
World Bank Group  WBG  1944  Washington  66,868 ← 
– International Bank for Re­con­­struction and Develop­ment IBRD  1944  Washington USA 15,68% 189 23    ↑ 
– International Finance Corporation IFC  1956  Washington  USA 20,98% 185 11,6 ↑
– International Development Association IDA  1960  Washington  USA 10,05% 173 24    ↑ 
– Multilateral Investment Guarantee Agency MIGA  1988  Washington  USA 15,02% 181  5,2   ↑ 
Zur WBG gehören außer den vier multilateralen Finanzierungsinstitutionen auch das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID). Als „Weltbank“ werden meist nur IBRD und IDA bezeichnet.

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Council of Europe Development Bank CEB 1956 Paris D,F,I: je 16,74% 41 4,7
European Investment Bank (+ European Investment Funds) EIB 1958 Luxemburg D,F,I,UK: je 16,11% 28 62,95
European Bank for Recon­struction and Development  EBRD  1991 London USA 10,32% 67 (+ EU, EIB) 10,7
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African Development Bank AfDB 1964 Abidjan Nigeria 9,33% 80 6,11 (2017)
Asian Development Bank ADB 1966 Manila Japan 15,57% 68 21,6
Asian Infrastructure Investment Bank AIIB 2015 Peking China  27,46% 97 8,03 (seit 2016)
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Keine Bank, aber auch multilateral und milliardenschwer:

International Monetary Fund IMF 1945 Washington  USA 16,52% 189 91

Ferner laufen (Kürzel, Sitz, Zahl der Mitgliedsstaaten):

  • Arab Bank for Economic Development in Africa (BADEA,      Khartum, 18)
  • Black Sea Trade and Development Bank (BSTDB, Thessaloniki, 11)
  • Caribbean Development Bank (CDB, Barbados, 28)
  • Central American Bank for Economic Integration (CABEI,  Tegucigalpa, 14)
  • Development Bank of the Central African States (BDEAC,  Brazzaville, 9)
  • Development Bank of Latin America (CAF, Caracas, 19)
  • East African Development Bank (EADB, Kamapala, 4)
  • Eastern and Southern African Trade and Development Bank (TDB,  Bujumbura, 19 + ADB)
  • Eurasian Development Bank (EDB, Almaty, 6)
  • Inter-American Development Bank (IDB, Washington, 48)
  • International Investment Bank (IIB, Moskau, 9)
  • Islamic Development Bank (IsDB, Dschidda, 56)
  • New Development Bank (BRICS-Bank), (NDB, Shanghai, 5)
  • Nordic Investment Bank (NIB, Helsinki, 8)
  • West African Development Bank (BOAD, Lomé, 8)

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Foto: Bridge in the port of Haikou, China. Ponto en Haikou, ĉinujo. Brücke im Hafen von Haikou, China.

 

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Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.