Poster against corruption in Chisinau

Transparency International: Der Kampf des Peter Eigen

About: Transparency International fights against corruption
Pri: La organizo „Transparency International“ batalas koruptecon
Published, Aperis: Südwestpresse, 07.11.2003


Von einer kleinen Idee zur weltweiten Bewegung: 10 Jahre Transparency International

Pensionierte Spitzenbeamte sind eine der am meisten unterschätzten Problemgruppen: Gut abgesichert sitzen sie in irgendeiner Villa und haben nichts mehr zu verlieren. Sie kennen sich aus in Regierungsapparaten und internationalen Organisationen. Sie haben einen Haufen alte Bekannte und wissen, wie man sich organisiert. Sie sind bürokratische Grabenkämpfe gewöhnt. Sie entwickeln eigenwillige Vorstellungen von „Integritätsinseln“, „Transparenz für öffentliche Ausschreibungen“ und „Informationsfreiheitsgesetz“. Sie tarnen sich mit Anzug und Krawatte und können extrem lästig werden.

Peter Eigen, 1938 in Erlangen geboren, ist so ein Fall. Ohne je verhaltensauffällig zu werden, arbeitete er lange Jahre für die Weltbank. Als Abteilungsdirektor für Südamerika und Afrika bereitete es ihm zunehmend Bauchschmerzen, dass Entwicklungsprojekte an korrupten Machenschaften scheiterten. Er empörte sich: „Der immer wiederholte Spruch, es sei in den Ländern der Dritten Welt nun einmal Tradition, zu bestechen und Beamten und Diktatoren an die Hand zu geben, war schon damals nicht nur zynisch und weltfremd, sondern einfach falsch.“ Oft werde Korruption erst von Firmen aus den Industrieländern eingeführt.

Als Eigen in Kenia deshalb eine „Task Force gegen Korruption“ gründete, wurde sie von der Rechtsabteilung der Weltbank untersagt. Als er sich in der Freizeit engagieren wollte, wurde ihm auch das vom damaligen Weltbankpräsidenten persönlich als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ verboten. Also ging Eigen vorzeitig in den Ruhestand, trommelte 1993 ein paar Freunde zusammen und gründete im Konferenzraum des holländischen Entwicklungshilfeministeriums einen Verein: „Transparency International“. Das Institut für Wassergefährdende Stoffe an der Technischen Universität Berlin stellte ein kleines Büro als erstes Hauptquartier zur Verfügung.

„Wir waren alle keine langhaarigen Weltverbesserer oder Revolutionäre in zerrissenen Jeans, sondern gestandene Professionelle, Anwälte, Politiker und Bankmanager“, erinnert sich Eigen. „Wir hatten auch nicht vor, uns an Werkstore zu ketten oder in Schlauchbooten vor Ölbohrinseln zu kreuzen.“ Vielmehr sei es ihnen von Anfang an darum gegangen, sich „mit den traditionellen Akteuren dieser korrupten Welt an einen Tisch zu setzen und gemeinsam Lösungen zu finden“, die den „Missbrauch von Macht zum privaten Nutzen“ verhindern.

Heute hat Transparency International in knapp 100 Ländern nationale Sektionen und ist eine der bekanntesten nichtstaatlichen Organisationen der Welt. Am meisten Aufsehen erregt sie jedes Jahr mit ihrem „Corruption Perception Index“. Er misst, für wie korrupt Geschäftsleute die verschiedenen Länder halten – Luxemburg  zum Beispiel teilt sich dieses Jahr mit Kanada und Großbritannien den elften Platz, schlechter als Finnland (Platz 1), aber immerhin besser als Deutschland (16), Frankreich (23) oder gar das Schlusslicht Bangladesch (133). Der „Bribe Payers Index“ dagegen gibt an, aus welchen Industrieländern die Firmen kommen, die in den Entwicklungsländern am meisten Bestechungsgelder zahlen. Was die  Korruptionsbekämpfer so alles an Maßnahmen empfehlen, ist auf den 400 Seiten ihres „Source Book“ nachzulesen. Immerhin haben sie dazu beigetragen, dass in den OECD-Staaten Unternehmen Bestechungsgelder nicht mehr legal von der Steuer absetzen können.

Manche Wissenschaftler nörgeln zwar, nicht Transparency International, sondern das Ende des Ostblocks habe das Thema Korruption auf die Agenda gesetzt. Sie kritisieren den Korruptionsindex als „sich selbst erfüllende Prophezeiung“, weil in „korrupte“ Länder nur korrupte Geschäftsleute gehen. Überhaupt sei es nicht sinnvoll, alle Übel der Welt unter den Begriff Korruption zu fassen. -Unbestritten ist aber, dass Peter Eigen beachtlichen Wirbel um ein schwieriges Problem verursacht hat. Vielleicht sollte das Pensionsalter für Beamte doch lieber nicht angehoben werden; es wäre gut, wenn es mehr derart rührige Frührentner gäbe.

Martin Ebner

Buch:
Peter Eigen: Transparency International: Das Netz der Korruption. Wie eine weltweite Bewegung gegen Bestechung kämpft. Mit einem Nachwort von Hans Küng. Frankfurt a.M.: Campus Verlag 2003


Link
(last update: 05.05.2014):
www.transparency.org

N.B. (20.06.2015):
– Another good idea made in Estonia: „Bribespot“ is a service for reporting petty corruption and tracking bribes online.

– „Corruption Watch“ is a NGO that gathers, analyses and shares information on corruption in South Africa.
– Via the Indian site „I paid a bribe“ you can also report honest officers.  If you meet them in India.
– In Beirut the NGO „Sakker el Dekkene“ (close the store) is driving around with a small car to collect reports about corruption.



 

Foto: Poster against corruption in Chisinau, Moldova; Afiŝo kontraŭ korupteco en Moldavujo; Wirksame Korruptionsbekämpfung in Chisinau, Moldawien

⇑ up ⇑ supren ⇑ nach oben ⇑

Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.