Historical savings box

Steuermuseum Brühl: Luftraumbenutzungs- gebühr

About: Museum of German tax authorities near Bonn
Pri: Muzeo de germana impost-administracio en Brühl, apud Bonn
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 16.05.2003


Woher Geld nehmen? Das Steuermuseum in Brühl bringt Finanzbeamte auf gemeine Gedanken

„Hundesteuer, Tabaksteuer, KFZ- und Ökosteuer – habt Ihr echt geglaubt, mehr kommt nicht?“ trällerte im Herbst Kanzlerimitator Elmar Brandt. „Erdoberflächennutzungs-Steuer, Atemaufschlag – Luft wird teurer! Zahntarif für`s Essenkauen, Biosteuer auf’s Verdauen – nix ist mehr für lau! Ich erhöhe Euch die Steuern, gewählt ist gewählt…“ Wer hat nicht über den Steuersong gelacht? Das Steuermuseum in Brühl aber zeigt: So bizarr kann eine Geldbeschaffungsidee gar nicht sein, dass nicht irgendein Staat darauf kommen würde.
 
Im alten Griechenland finden heutige Finanzbeamte kaum Anregungen: Die Athener bekamen lange Geld vom Staat, nämlich die Erträge der Silberminen. Dann aber mussten Kriege geführt und Tempel hingeklotzt werden – und schon wurden Steuern erfunden: Prostituierten-Abgabe, Bosporus-Maut, Gastarbeiter-Steuer und horrende Solidaritätsbeiträge von Bundesgenossen.

Von Erbschaftssteuer und Latrinengebühr abgesehen, ließen auch die alten Römer am liebsten Fremde zahlen. In Deutschland kassierten die Finanzämter Trier und Augsburg, und zwar pauschal von persönlich haftenden Ortsverwaltern – freiwillig wurde niemand mehr Bürgermeister. Als Feldherr Varus im Teutoburger Wald die Rechtslage erläutern wollte (Umsatzsteuer 1%, Sklavensteuer 4%, Sklavenfreilassungssteuer 5%), brachten ihn die Germanen um. Byzanz erhob eine Ellengebühr für das Messen von Stoffen und eine Luftgebühr für das Überschreiten des vorgeschrieben Bau-Raums.

Bunt wurde die fiskalische Landschaft im Mittelalter: Maut für Wege, Tore, Brücken, Hafen, Mühlen oder wenigstens „Lobgeld“ für den Marktherrn. Fräuleinsteuer finanzierte die Mitgift für Prinzessinnen, Reisegeld die Weiterbildung von Prinzen. Englands Vögte mussten für unaufgeklärte Mordfälle eine Mordsteuer zahlen. Die Stadt Florenz kassierte eine Sonnendachsteuer, Köln sechs verschiedene Biersteuern. Papst Paulus III. bescherte die Salzsteuer; als Perugia sich beschwerte, ließ er ein Stadtviertel niederbrennen. Seither essen die Italiener fades Brot. Bleibende Wirkungen hatte auch die französische Fenstersteuer: Kaum Hausöffnungen zur Straße.

Zu allen Zeiten beliebt war die Enteignung von fähigen, aber wehrlosen Minderheiten. König Johann ließ 1210 alle Juden Englands einsperren und wählen: Zahlen oder Zähne ausreissen? Häufig mussten Juden Leibzoll berappen, also sich selbst verzollen. Preußen zwang sie, Porzellan der staatlichen Manufaktur zu kaufen und stürzte damit viele ins Elend.

Herrscher mögen Lenkungsabgaben: Zar Peter führte 1699 eine Bartsteuer ein, um die Mode zu verwestlichen. Friedrich der Große wollte, dass Preußen billige Zichorienbrühe trinke und stellte uniformierte „Kaffeeriecher“ ein. Württembergs Herzog Karl ordnete 1789 an: ein Dutzend Spatzen fangen oder 12 Kreuzer Spatzensteuer.

Manch urige Bagatellsteuer verschwand erst vor kurzem, etwa für Speiseeis, Essig, Spielkarten und Zündhölzer; der EU-Binnenmarkt brachte das Aus für die Tee-, Zucker-, Salz- und Glühbirnensteuer. Unser Alltag wird weiter vom Fiskus geprägt: Weil im Liter Heizöl 6 Cent Mineralölsteuer stecken, im Diesel aber 47 Cent, wird Heizöl rot gefärbt. Trotzdem beschlagnahmt der Zoll pro Jahr über eine Million Liter Heizöl in LKW-Tanks. Apropos Zoll: die meisten Zigaretten, die er konfisziert, waren für England bestimmt, weil dort Steuern den Packungspreis auf über 7 Euro treiben.

Das Museum zeigt auch, dass Steuerzahler nicht unendlich belastbar sind. Ob Bauernaufstände, Französische Revolution oder amerikanischer Unabhängigkeitskrieg: kaum ein Aufruhr ohne Empörung über Abgaben. Eine burgundische Chronik vermeldet für das Jahr 604 knapp, Königin Brunhilde habe ihren Hausmeier loswerden wollen: „Damit Bertoald um so eher den Tod fände, schickte sie ihn mit dem Auftrag, Steuern einzufordern“.

Martin Ebner

Link (last update: 06.05.2014):
Finanzgeschichtliche Sammlung der Bundesfinanzakademie


 


Foto: Hard-working bees robbed by big black bird… (historical savings box in the school museum in Friedrichshafen, Germany). Abeloj laboregis – poste venas monavida nigra birdego… (malnova ŝparkesto en lernej-muzeo en Friedrichshafen, Germanujo. Die Bienen haben fleißig gearbeitet – und dann kommt der böse schwarze Vogel… (Historische Spardose im Schulmuseum Friedrichshafen)

⇑ up ⇑ supren ⇑ nach oben ⇑

Texts of timeless beauty. Or at least some historical interest.