About: The art of being ugly: Pia Maria Martin wants to protect women by making them unattractive. Advertising slogan: „Think positive – look awful!“
Pri: Artistino Pia Maria Martin volas malbeligi virinojn – pro protekto kontraŭ atakoj
Published, Aperis: taz – die tageszeitung, 31.03.2000
Auf Knopfdruck hässlich
Sicherheit für Frauen: Ist Abschreckung besser als Selbstverteidigung?
Frauen sind oft zu schön für diese Welt – deshalb werden sie von Männern angegafft und belästigt. Das meint jedenfalls Pia Martin aus Stuttgart. Und die 25-jährige Kunststudentin verspricht Abhilfe: Sie hat unter dem Namen „Anticontactor“ eine „Schutzvorrichtung für Frauen“ zum Patent angemeldet, die ihre Trägerinnen in Sekundenschnelle hässlich, bucklig, stinkend – kurz: unattraktiv machen soll. „Tränengas und Waffen können immer gegen einen selbst verwendet werden. Besser ist: so abstossend und ekelerregend aussehen, dass einen keiner eines Blickes würdigt und man in Ruhe gelassen wird“, erläutert Pia Martin ihre Erfindung.
Die Grundidee von „Anticontactor“ ist ebenso einfach wie genial: Davon ausgehend, dass die meisten Männer zwar recht gut sehen können, ansonsten aber eher schlicht strukturierte Wesen sind, soll „eine wirkungsvolle passive Abwehr durch Veränderungen am Oberkörper und im Gesicht erzeugt werden“. Die Frau steckt sich bei Bedrohungsgefühlen schnell eine Gebiss-Schiene mit wüst-krummen Zähnen aus Silikon-Kautschuk in den Mund. „Das verändert das ganze Gesicht, weil die Kieferhaltung versetzt ist und auch ein Doppelkinn hinzukommen kann“, erklärt Pia Martin. Per Knopfdruck kann die Frau außerdem Schwellkörper aktivieren, die wie eine Schwimmweste unter der Kleidung getragen werden. „Das platzt dann auf wie ein Airbag und verbeult die Silhouette.“
Was schöne Frauen entstellt, hat die Tüftlerin durch Experimente in der Stuttgarter U-Bahn und bei Arbeiten für einen Trickfilm herausgefunden. Falls die Verunstaltung den angreifenden Unhold nicht in die Flucht schlägt, soll sich die Frau „im Notfall eines Mittels bedienen, das es in der Natur gibt, des Stinktier-Effekts“: eine Kapsel mit stinkender Flüssigkeit zerbeissen – am besten so, dass der Angreifer auch etwas abbekommt und später identifiziert werden kann. „Immer noch besser, mal ’ne Runde zu stinken, als vergewaltigt zu werden“, ist Pia Martin sicher.
Für ihre Erfindung sucht sie jetzt nach Herstellern. Auf der Nürnberger Erfindermesse IENA, wo sie „Anticontactor“ präsentierte, kamen jedoch „hauptsächlich männliche Besucher, die Frauen nicht so unästhetisch sehen wollen oder das Problem nicht begreifen“, bedauert Pia Martin. „Vielleicht sollte ich damit lieber gleich nach Amerika gehen“, überlegt die Studentin. Einen englischen Werbeslogan hat sie jedenfalls schon: „Think positive – look awful!“
Vielleicht wird sich „Anticontactor“ aber erst durchsetzen, wenn auch Männer davon profitieren, etwa als Tarnung für Prominente. Für Stars, die „mal in Ruhe einkaufen gehen wollen“, sind die schiefen Kautschukzähne und der Schwellbuckel jedenfalls „sehr geeignet“, meint Pia Martin. „Sich eine Zeit lang unkenntlich zu machen, kann ja auch Spass machen.“
Martin Ebner
N.B. (04.05.2014):
Pia Maria Martin macht weiterhin schöne Sachen, v.a. Filme.
Zur Stinkbomben-Forschung siehe: Nichttödliche Waffen: Hände hoch oder es stinkt!
N.B. (28.11.2014):
Artist Kathleen McDermott presented a similar project with electronic wearables at Ars Electronica 2014 in Linz, Austria: „Urban Armor“ comprises veils to make your face invisible to surveillance cameras, scarfs against bad smells and expandable skirts to protect personal space.
N.B. (28.08.2017):
Dutch fashiontech designer Anouk Wipprecht created a „spider dress“ which marks & protects the personal space of its user.
Foto (28.10.1999): Pia Maria Martin presents „Anticontactor“ at IENA fair in Nuremberg, Germany. Pia Maria Martin dum IENA foiro en Nurembergo, Germanujo. Pia Maria Martin präsentiert „Anticontactor“ auf der Erfindermesse IENA in Nürnberg, Deutschland.