About: Banknotes made of plastic
Pri: Plastikaj monbiletoj
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 17.06.2011
Rund um die Welt werden Polymer-Banknoten eingeführt
Allen Ankündigungen zum Trotz will Bargeld einfach nicht aussterben. Plastik setzt sich trotzdem durch: Im vergangenen Jahr wechselten Chile und die Dominikanische Republik, heuer stellen Kanada und Paraguay um, nächstes Jahr soll es in Indien so weit sein. Für künftige Franken-Ausgaben liebäugelt sogar die traditionsbewusste Schweizer Nationalbank mit der Idee. Immerhin wird in einer Druckerei in Zürich heute schon Kunststoff-Geld gefertigt, nämlich israelische Schekel.
Erfunden wurden die Plastik-Scheine an der Universität Melbourne, worauf viele Australier nicht wenig stolz sind. Dabei hatte alles mit einer Blamage angefangen: Im Jahr 1966 führte Australien statt des englischen Pfunds eine eigene Währung ein, und die Nationalbank RBA pries ihre mit Wasserzeichen und Metallstreifen ausgestatteten Geldscheine als die „fälschungssichersten der Welt“. Bereits nach wenigen Monaten tauchten aber erstaunlich gute Blüten auf, mit den damals neuen Farbkopierern aus simplem Büropapier gefertigt. Das wurmte die RBA derart, dass sie die Forschungsorganisation CSIRO beauftragte, für wirklich unnachahmbare Noten zu sorgen.
Professor David Solomon und andere Wissenschaftler tüftelten an Hologrammen und Drucktinten, die beim Anfassen ihre Farbe ändern. Sie bauten auch eigene Testgeräte, zum Beispiel mit Ruß, Schmirgelstoffen und künstlichem Schweiß gefüllte Waschmaschinen. Schließlich entwickelten sie Banknoten aus besonders stabiler, biaxial gestreckter Polypropylen-Folie (englisch BOPP), die mit Ausnahme eines Sichtfensters mehrfach mit Farbe oder Metallteilchen beschichtet und mit klarem Polyurethan-Schutzlack überzogen wird. „Nach zehn Jahren waren die technischen Probleme gelöst“, erinnert sich Solomon, „aber die ultrakonservative Natur der Banker verzögerte die Einführung“.
Erst im Januar 1988 wurde ein Kunststoff-Freilandversuch mit Aussie-Dollar gewagt. Die zunächst kühle Aufnahme verbesserte sich, als ein Berater darauf kam, statt „Plastik“ lieber „Polymer-Banknoten“ zu sagen. Die durchsichtigen Scheine entwickelten sich sogar zum Exportschlager. Australiens Zentralbank tat sich mit der Firma Innovia Films (Union Chimique Belge) zusammen. Ihr Joint-Venture Securency produziert nun in Melbourne und in Mexiko unter dem Markennamen „Guardian“ BOPP-Substrat für rumänische Lei, vietnamesische Dong, nigerianische Naira und rund 30 weitere Währungen.
„In Rumänien, Neuseeland und Brasilien ging nach der Einführung von Plastikscheinen die Fälschungsrate um mehr als 90 Prozent zurück“, stellt Solomon befriedigt fest. Das Guckloch sei „einfach, aber sehr effektiv“ gegen Scanner und Farbkopierer. Außer traditionellen Sicherheitsmerkmalen, etwa Kippeffekte, Schattenbilder und fluoreszierende Farben, weisen die Polymer-Noten auch holografische Strukturen auf, die sich gerade bei schlechten Lichtverhältnissen gut überprüfen lassen. Die im Vergleich zu herkömmlichen Scheinen aus Baumwollpapier vier- bis fünfmal längere Haltbarkeit wiegt die rund doppelt so hohen Herstellungskosten auf. Ein weiterer Gewinn ist die glatte Oberfläche: Da Plastik weder Wasser noch Dreck absorbiert und kaum Staub produziert, verringert sich zum Beispiel der Wartungsaufwand für Geldautomaten.
Nach wie vor gibt es aber Zentralbanken, die Kunststoff misstrauen. Die EZB etwa verweist auf gescheiterte Versuche in Costa Rica und Haiti, wo sich um 1980 Scheine aus Polyethylen als nicht farbecht erwiesen und im Tropenklima verschmierten. Bulgarien, Lettland und ein Dutzend weitere Länder haben vorsichtig erst einmal nur Hybrid-Noten angeschafft, also Papier mit integrierten Plastikfenstern oder wenigstens Plastiküberzug. Swaziland lässt sich derzeit in München neue Emalangeni-Scheine aus polymerbeschichteter Baumwolle drucken. Richtig nützlich, gerade in Inflationszeiten, ist allerdings nur reiner Kunststoff: BOPP kann nach Gebrauch granuliert und zu Mülleimern, Rohrleitungen oder Gartenmöbeln recycelt werden.
Martin Ebner
Link (last update: 06.05.2014):
Weltkatalog der Kunststoff-Geldscheine: www.polymernotes.org
N.B. (10.09.2015):
Nach Angaben der Bank of England haben mittlerweile mehr als 20 Staaten Geldscheine aus Kunststoff. In Schottland wurden im Jahr 2015 neue 5-Pfund-Polymer-Banknoten mit dem Porträt des Ingenieurs William Arrol in Umlauf gebracht. In England selbst sollen im Jahr 2017 neue 10-Pfund-Plastik-Scheine mit dem Abbild der Schriftstellerin Jane Austen herauskommen. Dabei war die englische Nationalbank, die schon seit 1694 Banknoten herausgibt, immer so stolz auf ihr „paper made from a special cotton-linen blend“.
Foto: Romanian banknote, made of plastic; Rumana monbileto farita de plastiko; Rumänischer Plastik-Geldschein