About: Books by René Zeyer on Swiss private banking
Pri: Libroj de René Zeyer pri svislandaj bankegoj
Published, Aperis: d’Lëtzebuerger Land, 17.06.2011
Böse Geschichten aus dem Schweizer Bankräuber-Milieu
„Zocken im roten Bereich, Ablehnen jeglicher Regulierung, Milliardenboni für bescheidene Leistungen“, wetterte René Zeyer Ende April bei der UBS-Hauptversammlung: „Nichts gelernt, nichts begriffen, mit Vollgas in die nächste Katastrophe!“ Nicht, dass ihm die Chefs der Schweizer Großbank zugehört hätten. Genervt waren sie wohl dennoch. Zeyer ist nicht nur ein lästiger Kleinaktionär: Seit er vor Jahren als Kuba-Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung wegrationalisiert wurde, arbeitete der ehemalige Journalist als Kommunikationsberater in der Finanzbranche. Jetzt plaudert Zeyer sein Insider-Wissen aus. Für das Image der Banken kommt das ungefähr so gut wie CDs mit gestohlenen Kundendaten – nur, dass seine Bücher viel lustiger sind.
Von der Abrechnung „Bank, Banker, Bankrott“ wurden seit 2009 über 40.000 Stück verkauft. Der im vergangenen Jahr erschienene Nachfolgeband „Zaster und Desaster“ geht nun auch schon in die dritte Auflage. Die beiden Bestseller bieten 140 fein beobachtete, mit exquisiter Bosheit aufbereitete Episoden aus dem Alltag von Finanzleuten, meist in Zürich und Vaduz, sofern nicht nach Kasachstan strafversetzt. Zeyer will zeigen, „wie das berühmte Schweizer Private Banking in der Praxis konkret funktioniert“. In der öffentlichen Debatte werde „bislang sträflich vernachlässigt“, dass Banker „häufig gefährliche Psychopathen“ seien.
„Grüezi, Herr Friedli. Ich habe mich den ganzen Vormittag mit Ihrem Depot beschäftigt, ich glaube, wir sollten da etwas mehr Dynamik hineinbringen, gerade jetzt sehe ich da einmalige Chancen…“ Reichen Deppen die Tonnen (Millionen) oder wenigstens Kisten (Hunderttausender) aus den Rippen zu quasseln, ist nicht so einfach. Zumal sich herumgesprochen hat, dass es in erster Linie um Kommissionen, Fees und Kickbacks geht. Mit „goldverkrusteten“ Verkaufsräumen an der Bahnhofsstraße und einem guten Wording, das die Kommunikationsabteilung verfasst hat und einfach vom Computer abzulesen ist, lassen sich aber immer noch allerhand Schrott-Papiere verkaufen.
Nebenbei kommen auch die Helfershelfer der Banken schlecht weg, etwa treudoofe Wirtschaftsjournalisten und Finanzminister. Wenn Projektteams eines Audit-Konzerns jahrelang an Werbekugelschreibern tüfteln oder wenn Fachkräfte einer Wirtschafshochschule im Rahmen eines praxisorientierten Studienexperiments mit Hilfe von hunderten Seiten Businessplan eine einfache Kneipe in die Pleite wirtschaften, dann ist das so bescheuert – das kann gar nicht erfunden sein. Tatsächlich beteuert der Autor, er habe bei seinen Geschichten lediglich Namen und Örtlichkeiten verfremdet, aus „juristischen Gründen“.
Wieso traut Zeyer sich das? Mit der Finanzwelt hat er schon vor seinen Büchern gebrochen, nämlich als Gründer einer Schutzgemeinschaft von rund 650 „Lehman-Anlageopfern“. Abgesehen von einer Beleidungsklage der Credit Suisse hat das immerhin eine Rückzahlung von 150 Millionen Schweizer Franken eingebracht. „Natürlich ist damit meine Karriere als Berater von Schweizer Großbanken beendet“, sagt Zeyer. „Was ich angesichts des Erfolgs nicht bedaure.“
So locker Zeyers Abzocker-Storys sind, so gallig ist seine Analyse der Finanzkrise: Die „verbrecherische Niedrigzins-Politik“, dieser „Raubzug an Sparern und Rentnern“ gehe ungehemmt weiter: Während Geld für die Banken „bis 2009 billig war, ist es nun völlig gratis“. Die derzeitige „Phase außerordentlicher Ruhe“ sei nur das Auge des Wirbelsturms – die Rückwand komme erst noch: Staatsbankrotte, Inflation und Massenarbeitslosigkeit. Wir alle würden gerupft „in einem Geldkrieg, der von marodierenden Bankerbanden gegen den Rest der Menschheit geführt und bislang gewonnen wird“.
Martin Ebner
Bücher:
Von René Zeyer sind im Zürcher Orell Füssli Verlag erschienen: „Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker“, „Zaster und Desaster. Neue Storys aus der Welt der Abzocker“ und „Cash oder Crash. Abzocker durchschauen – eine Gebrauchsanweisung“.
N.B. (06.05.2014):
Manche Bücher sind eine echte Bereicherung. Ich muss nun jedesmal lachen, wenn ich an einer Schweizer Großbank vorbeikomme. Also recht oft.
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Foto: Facade of respectability and plenty: building of a former bank in Stockholm, Sweden. Serioza kaj prospera fasado: iama banko en Stockholm, Svedujo. Seriöse und reiche Fassade: ehemalige Bank in Stockholm, Schweden.