Yurts in Inner Mongolia

Vom Bodensee in die Mongolei: Fritz Mühlenwegs Entdeckungreisen

About: Rediscovering of the writer and artist Fritz Mühlenweg who had accompanied the expeditions of Sven Hedin to Mongolia and the Gobi Desert in the 1920s.
Pri: Verkisto kaj artisto Fritz Mühlenweg, kiu esploris Mongolujon kaj la dezerton de Gobio en la 1920aj jaroj.
Published, Aperis: Stuttgarter Nachrichten (†), 16.01.1999


„Wer an den Lagerfeuern saß, in den Jurten das unbegrenzte Gastrecht genoß, den Sandsturm erlebte und zum asiatischen Sternenhimmel aufsah, ist für Europa halb verloren“ – behauptete der Schriftsteller und Maler Fritz Mühlenweg. Ihn jedenfalls haben die Expeditionen des schwedischen Forschers Sven Hedin in das Grasland der Mongolei und die Wüste Gobi für das ganze Leben geprägt.

Im Jahr 1926 hatte es der damals 28jährige Mühlenweg satt, als Drogist in Konstanz zu versauern. Abenteuerlustig heuerte er in Berlin bei der gerade erst gegründeten „Luft Hansa“ an. Er wurde nicht enttäuscht: Zur Vorbereitung der Fluglinie Berlin – Peking konnte er drei Expeditionen Hedins begleiten. 1927, 1929 und 1931 sammelte er nicht nur Wetterdaten und Informationen zu Notlandeplätzen, sondern fand auch viel Zeit für Gespräche mit Mongolen. Mühlenweg lernte sogar selbst Mongolisch – angesichts der Herrenmenschen-Attitüde der anderen Expeditionsteilnehmer keine Selbstverständlichkeit.

Mit seinen in Asien entstandenen Bildern wurde Mühlenweg 1932 auf Anhieb in die Meisterklasse der Wiener Akademie aufgenommen. Allerdings hielt er es da kein Jahr aus, sondern zog mit seiner Frau, der Malerin Elisabeth Kopriwa, nach Allensbach an den Bodensee. Dort lernte er Otto Dix kennen, malte mit ihm zusammen. „Bleiben wir also die alten. Es lebe die Entartung!“ munterte ihn Dix 1938 auf.

Ersten Erfolg hatte Mühlenweg jedoch nicht mit Gemälden, sondern mit dem Buch „Tausendjähriger Bambus“, den Nachdichtungen der klassischen chinesischen Gedichtsammlung „Shi Jing“. „Diese Gedichte sind die Früchte meines sechsjährigen Postenstehens bei Tag und Nacht“, erklärte Mühlenweg: Er war während des Zweiten Weltkriegs zum Zoll dienstverpflichtet worden und mußte am Bodenseeufer Wache schieben.

Berühmt wurde Mühlenweg dann mit seinem Bericht „In geheimer Mission durch die Wüste Gobi“. Noch vor Mühlenwegs Tod im Jahr 1961 wurden über 100.000 Exemplare dieses Romans verkauft, der schildert, wie Anfang der 1920er Jahre die beiden Jugendlichen Großer Tiger und Christian in den chinesischen Bürgerkrieg geraten und von General Wu Pei Fu mit einer geheimen Botschaft per Lkw durch die Wüste Gobi geschickt werden. Die Leser folgen ihnen in eine – ganz ohne europäische Überheblichkeit geschilderte – exotische Welt, wo sich die Menschen mit „Sitzt ihr leicht und gut?“ oder „Seid ihr fröhlich?“ begrüßen und mit „Euer Weg eben Friede“ verabschieden.

Ob dieser über 700 Seite starke Schmöker von Jugendlichen oder doch eher von ihren Eltern verschlungen wurde, ist nicht bekannt. Im Jugendbuchprogramm des Herder-Verlags war der Bestseller jedenfalls nur zufällig gelandet. Ab 1963 wurde Mühlenwegs Hauptwerk nur noch in einer stark gekürzten Fassung als „Großer Tiger und Christian“ verramscht. Erst seit der Schweizer Libelle-Verlag Mühlenwegs Bücher neu herausbringt, ist die ungekürzte Version wieder erhältlich.

Zu Mühlenwegs 100. Geburtstag soll nun auch sein malerisches Werk bekannt gemacht werden: Das Konstanzer Kulturzentrum zeigt eine umfangreiche Retrospektive von in diversen Privatsammlungen verstreuten Gemälden und Aquarellen. Auch der Südwestrundfunk ehrt Mühlenweg: mit Fernseh- und Radiosendungen und einer Fotoausstellung im SWR-Studie Freiburg. Es ist also nicht zu befürchten, daß Mühlenweg vergessen wird. Oder wie die Monogolen sagen: „Keine Besorgnis deswegen!“

Martin Ebner

Links (last update: 19.05.2014):

N.B. 04.06.2017:
Auch interessant: „Verbotene Reise. Eine Frau reist durch Zentralasien“ von Ella Maillart.


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Foto: Yurts in Inner Mongolia, China. Jurtoj en Interna Mongolujo, Ĉinujo. Jurten in der Inneren Mongolei, China. Mühlenweg war nicht in die heutige Mongolei, sondern ins heutige China gereist.

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