About: Recycling of old paper money.
Pri: Reutiligo de malnovaj monbiletoj.
Published, Aperis: Der Tagesspiegel, 15.04.1999
Geldscheinkompost aus der Intensivrotte
Altgeldentsorgung ist kein großes Geschäft, aber nützlich: DM-Scheine werden zu Ziegel und Gartendünger verarbeitet
Was tun mit dem vielen Geld? Für Normalbürger kein Problem – für die Landeszentralbanken schon: Fast ein Drittel aller umlaufenden Banknoten müssen sie nämlich jedes Jahr aus dem Verkehr ziehen, weil sie zerfleddert und allzu unansehnlich sind. Geldscheine werden nicht alt: Zwanzig-Mark-Scheine machen schon nach eineinhalb Jahren schlapp, die netter behandelten Tausender halten im Durchschnitt vier Jahre länger durch – dann werden auch sie in einer Zentralbankfiliale zerschreddert.
Der Geldabfall, ungefähr 1400 Tonnen pro Jahr, wird meist wie gewöhnlicher Hausmüll auf eine Deponie gekippt oder verbrannt. Da mit der Euro-Einführung im Jahr 2002 der deutschen Mark endgültig der Garaus gemacht wird, daher das Doppelte der gewohnten Altgeldmenge anfällt, suchte die bayrische Landeszentralbank im Auftrag der Bundesbank weitere Entsorgungswege. Die 180.000 Tonnen DM-Münzen werden voraussichtlich einfach eingeschmolzen. Aber welcher Schein-Tod soll den 2,6 Milliarden DM-Noten, die zusammen rund 2600 Tonnen wiegen, bereitet werden?
Recyceln lassen sich die „naß- und reißfesten“ Wertpapiere nicht. Die Idee, mit den Geldschnipseln Särge zu polstern, gefiel den Währungshütern nicht. Eher schon sagt ihnen das von der „GFU Umweltentsorgung“ bereits erprobte Verfahren zu: in Kreuztal bei Siegen preßt der Entsorgungsbetrieb die von der Kölner Landeszentralbank gelieferten Banknotenstücke zu Pellets. Diese kleinen Röllchen werden an Ziegeleien verkauft und dort in die Ziegelrohmasse gemischt.
Interessant ist auch die von der Firma „Umweltschutz Nord“ in Ganderkesee bei Bremen angebotene Lösung: Gartendünger aus Altgeld. „Für unser Kompostwerk prüfen wir ständig neue Stoffe“, erklärt Firmensprecher Gustav Henke: „Zum Beispiel Linoleum, Jutesäcke und Flaschenetiketten, von denen jährlich über 100.000 Tonnen in Deutschland anfallen.“ Und eben Geldscheine: „Seit April 1998 haben wir zwei Lieferungen der Zentralbankfiliale Oldenburg mit jeweils rund 30 Millionen DM verarbeitet.“
Die Geldkompostierung ist ein „zweistufiger Prozeß“, bei dem das Altgeld mit Kartoffelschalen, Gartenabfall und anderem ordinären Biomüll im Verhältnis 1:9 vermischt wird, erläutert Henke: „Zuerst kommen die Geldscheine 14 Tage in den Intensivrotte-Tunnel. Das ist eine Art Schnellkomposter mit 60 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. Danach kommen sie 6 bis 8 Wochen in die Nachrotte.“ Schon nach der Intensivrotte ist von dem edlen Ausgangsmaterial nichts mehr zu erkennen: „Jeder Schein wurde in 800 dünne Streifchen zerschnitten, bietet also eine große Oberfläche – Bakterien und Pilze kriegen das sehr schnell klein. Im Labor ist kein Unterschied zum normalen Kompost feststellbar, auch keine Schadstoffe oder Metallrückstände.“
In den für 5 DM an Gärtner und Kommunen verkauften 40-Liter-Kompostsäcken der Marke „Bioferm“ stecken Banknoten im ehemaligen Wert von 200.000 Mark. „Geld machen kann man mit der Altgeldentsorgung allerdings nicht“, bedauert Gustav Henke. „Der Wechselkurs ist miserabel: Für eine Tonne Geld bekommen wir rund 33 Mark – davon allein kann man nicht leben.“ Als Zusatzstoff zum normalen Biomüll-Kompost hat Geld aber auf jeden Fall Zukunft, meint Henke: „Auch die neuen Euro-Scheine werden schnell abgegriffen sein. Wir rechnen weiter mit 1000 bis 2400 Tonnen Banknoten pro Jahr.“
Martin Ebner
#Anzeige für meine Amazon-Affiliate-Seite:
Foto: How to get rid of money in Taiwan: „banknotes“ to be burnt as offering in a temple in Kaohsiung; „Monbiletoj“ por bruligo kiel oferaĵo en Tajvana templo; „Geldscheine“ zur Verbrennung als Opfergabe in einem Tempel in Kaohsiung, Taiwan.