About: New glory for small waterbodies: water managers and environmentalists create ponds and pools.
Pri: Naturprotektantoj kreas novajn lagetojn.
Published, Aperis: Südwestpresse, 07.04.2018
Tümpel, Weiher und Gräben konnten lange Zeit gar nicht schnell genug trockengelegt werden. Heute gelten Kleingewässer als Kleinode der Natur – und werden sogar neu angelegt.
Wasser-Fachleute sind glückliche Menschen. Jedenfalls geht ihnen niemals die Arbeit aus. „Jahrzehntelang wurde die Landschaft auf maximalen Abfluss getrimmt, um Felder und Wiesen für die Produktion zu optimieren“, erläutert Norbert Bäuml vom Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern: „Jeder Tropfen Regenwasser wird heute so schnell wie möglich über Drainagen und Gräben abgeleitet. Und mit ihm Boden und Nährstoffe. Unsere Landschaften sind zum ‚Auslaufmodell‘ geworden.“ Das versaut die Wasserqualität, ist nicht nur ökologisch ein Desaster, sondern erhöht auch die Hochwasser-Gefahr. Neue Ziele sind daher: Bach-Sanierung, Auen-Ertüchtigung und überhaupt „dezentrale Wasserrückhaltung“.
Erst wurden alle Fluren bereinigt, jeder noch so kleine Graben begradigt, eingetieft, verrohrt, verdämmt, kanalisiert – jetzt wird der Beton oft wieder weggerissen. Anderswo besteht noch Modernisierungsbedarf: Auf dem Balkan werden gerade mit EU-Geldern die letzten Wildflüsse Europas zerstört, etwa die Vjosa in Albanien. Bei uns dagegen wird mit viel Mühe versucht, das Nass wieder in einen naturnäheren Zustand zu bringen. Die Wasserwirtschaftsverwaltung Donau/Bodensee hat nun das Motto „Lassen statt machen“: Flüsse und Bäche sollen möglichst einen „Entwicklungskorridor“ bekommen, wo das Wasser machen kann, was es will.
Anders als bei größeren Fließgewässern hilft bei Kleingewässern Nichtstun nicht: Tümpel und Teiche, Weiher und Wassergräben würden verlanden – und mit ihnen zahlreiche davon abhängige Tiere und Pflanzen verschwinden. Verschlämmung lässt sich da nur durch Eingriffe und regelmäßige Pflege verhindern. Für die bayrische Initiative „boden:ständig“ werden deshalb zum Beispiel im Einzugsbereich der Günz und beim Waldsee in Wemding Sedimentationsbecken angelegt, Ufer „renaturiert“ und Landwirte zu „erosionsmindernder Bewirtschaftung“ beraten, etwa Mulchsaat und Zwischenfruchtanbau.
Die Hege der Gewässer ist eine Herkulesaufgabe. Allein in Oberschwaben gibt es rund 2.300 offene stehende Wasserflächen, also Seen, Weiher, Torf- und Baggerseen. Die Stadtverwaltung Friedrichshafen wollte vor zwei Jahren einmal genauer wissen, was sie außer dem Bodensee noch alles an Ufern hat: Sie stellte fest, dass sie für den Unterhalt von 65 Kilometern Bäche und 200 Kilometern kleinerer Gewässer verantwortlich ist – wobei ganz kleine Wiesen-, Quell- und Entwässerungsgräben nicht einmal mitgezählt sind. Für Friedrichshafen ergaben die Untersuchungen eine gute Wasserqualität. Ansonsten ist über den Zustand von Kleingewässern oft noch wenig bekannt.
Immerhin hat sich das Image von Feuchtgebieten schon stark verbessert, berichtet Sindy Bublitz von der Heinz-Sielmann-Stiftung: Tümpel werden nicht mehr als Müllkippe betrachtet; Gemeinden wetteifern um den attraktivsten Froschteich. Für den „Biotopverbund Bodensee“ zum Beispiel wurden nicht nur alte Fischweiher reaktiviert, sondern auch bereits 29 Stillgewässer neu angelegt. Die jüngste Errungenschaft ist der Sielmann-Weiher bei Rielasingen: Im vergangenen Jahr wurde auf nassen Wiesen ein Hektar ausgebaggert, eine Steilwand für Eisvögel und zwei Brutinseln angelegt; diesen Februar pflanzten nun freiwillige Helfer rundherum Hecken, und erste Enten machen es sich bequem.
Beim Bodensee hatte es rund 15 Jahre gedauert, bis der Bau von Kläranlagen sichtbare Ergebnisse brachte. Die Sanierung von Kleingewässern bringt dagegen viel schneller Erfolgserlebnisse: Umgehend verschwinden unerwünschte Blaualgen; Amphibien, Falter und Vögel siedeln sich an. Gelbbauchunken freuen sich schon über bessere Pfützen. Beim Aufräumen findet man Abfälle aller Art. Manchmal gibt es aber auch schöne Überraschungen: Bei der Entschlammung des Holzweihers bei Füramoos tauchte Wasserpfeffer-Tännel auf. Diese seltene Pflanze galt bei uns eigentlich schon als ausgestorben.
Martin Ebner
Oasen für Frösche und Libellen
Rund um den Bodensee sollen bis zum Jahr 2019 mindestens 60 Kleingewässer angelegt oder neu gestaltet werden: www.kleingewaesser-netzwerk.org
Wasser braucht keinen Dünger
Ein See ist auch nur eine Art Acker, meinte in den 1920er Jahren Professor Reinhard Demoll: Der Leiter des Instituts für Seenforschung in Langenargen wollte durch Zugabe von Jauche die Fisch-Ernte steigern. Von den Gülle-Schiffen, die er für den Bodensee plante, nahm man dann aber doch lieber Abstand. Als sich bald darauf in den Haushalten Waschmaschinen verbreiteten, ließen Waschmittel-Reste in den Gewässern Algen sprießen. Um ein Umkippen des Bodensees zu verhindern, wurden an den Ufern und im Hinterland eiligst Kläranlagen gebaut – durchaus zum Ärger von Fischern. Heute sind Nitrate und Phosphate aus der Landwirtschaft das Hauptproblem für die Wasserqualität.
Algen und Verlandung, also Nährstoff-Einträge zu verringern, ist das Ziel des „Aktionsprogramms zur Sanierung oberschwäbischer Seen“, das vom Landratsamt Ravensburg koordiniert wird. Mehr als 20 Seen und Weiher wurden bereits entschlammt und gereinigt, zum Beispiel mit Absetzbecken versehen. Weitere 97 Gewässer werden vorerst bis zum Jahr 2020 betreut: www.seenprogramm.de
Dass Dünger auf den Acker gehört und nicht in Straßengraben, Bäche oder Teiche, ist auch der Leitgedanke der bayrischen Initiatve „boden:ständig“, die Boden- und Wasserschutz verbindet. Unter anderem ermuntert sie Landwirte zur Schonung von Gewässer-Randstreifen: www.boden-staendig.eu
Foto: New pond near Rielasingen, Germany. Nova lageto apud Rielasingen, Germanujo. Der Sielmann-Weiher bei Rielasingen, Deutschland, ist der jüngste Baustein des „Biotopverbunds Bodensee“, komplett mit Brutinseln, Eisvogelbrutwand und Aussichtsplattform.