About: Environmentalists vs. dead stone „gardens“.
Pri: Naturprotektantoj kontraŭ senvivaj ŝtonĝardenoj.
Published, Aperis: Südwestpresse, 16.03.2019
Rasen mähen, Blumen päppeln? Vielen Hausbesitzern ist das ein Graus. Doch Umweltschützer wollen sich mit dem Trend zur Schotterwüste im Vorgarten nicht abfinden.
Grün kann Leben retten. Manchmal hilft schon ein winziger Fleck: Der südafrikanische Politiker Nelson Mandela war überzeugt, er habe 27 Jahre im Kerker nur deshalb überstanden, weil er im Gefängnishof ein kleines Gartenbeet anlegen durfte, wo ihn ab und zu Schmetterlinge besuchten. Monotones Grau wird dagegen kaum verdächtigt, Lebensfreude und geistiger Gesundheit zuträglich zu sein.
Was ist zu halten von den geschotterten oder gar gepflasterten „Gärten“, oft bloß mit Alibi-Thujas begrünt, die seit ein paar Jahren wie Viren ganze Landstriche befallen? Unversöhnlich stoßen die Meinungen aufeinander. Verteidiger des Privateigentums lehnen Vorschriften strikt ab: Freie Bürger sollten nicht nur auf der Autobahn sich selbst totfahren, sondern nach Belieben auch das Umfeld des eigenen Parkplatzes als gekieste Grabstätte gestalten dürfen. Viele Menschen hätten weder Zeit, Geld noch Lust für die nervige Pflege von Gesträuch.
Für die Freunde von Blumen und Bienen ist Splitt im Garten dagegen keine Privatsache: Versiegelte Flächen verschandeln das Ortsbild, stören den Wasserhaushalt, heizen die Umgebung auf, binden keinen Feinstaub, erzeugen keinen Sauerstoff, helfen Hummel, Grünfink oder Igel nicht weiter – und sollten daher schlicht verboten werden. Es komme auf jeden Quadratmeter an: Zusammen seien alle Hausgärten in Deutschland ungefähr so groß wie die Fläche der Naturschutzgebiete, und sie könnten Oasen sein für Kreaturen, die von der intensiven Land- und Forstwirtschaft ausgerottet werden. Außerdem werde Kies meist aus China oder Indien herangekarrt, was nicht nur ökologisch fragwürdig sei.
„Steinwüsten“ sind bereits illegal, betont der Landesnaturschutz-verband Baden-Württemberg: „Tausende Gärten widersprechen geltendem Recht. Die Landesbauordnung schreibt vor, dass unbebaute Flächen als ‚Grünflächen‘ anzulegen oder anderweitig zu begrünen sind.“ Der Dachverband der heimischen Umweltschützer forderte im vergangenen Herbst mit einer Resolution „das Wirtschaftsministerium auf, die Baurechtsbehörden explizit auf diesen Sachverhalt hinzuweisen und die Einhaltung der Verordnung sicherzustellen“. Künftig solle das Verbot explizit auch in Bebauungsplänen aufgeführt werden: „Schottergärten sind ein Totalausfall für die Natur und ein Angriff auf die Lebensqualität – für uns Menschen genauso wie für Pflanzen und Tiere.“
Manche Kommunen folgen dem Appell. Die Stadt Heilbronn zum Beispiel legt die Landesbauordnung streng aus und untersagt in Neubaugebieten „lose Material- und Steinschüttungen“. Die Stadt Rastatt ordnet neuerdings in Bebauungsplänen ausdrücklich die Bepflanzung mit „einheimischen Gehölzen“ an. Das Wirtschaftsministerium dagegen will von einer Garten-Polizei nichts wissen: Was eine „unzulässige Versiegelung“ sei, müsse im Einzelfall entschieden werden. Bislang hat jedenfalls noch kein Gericht geklärt, ob man nicht auch einfach Asphalt grün anstreichen könnte.
Die Gartengestalter Jörg Pfenningschmidt und Jonas Reif sehen die grassierende Versteinerung entspannt: Bunte Blüten, saftigte Früchte und wertvolle Biotope würden kaum entsorgt, meist verschwinde bloß struppiges Begleitgrün – „vorher Scheiße und hinterher auch Scheiße“. Der „Blödsinn“ werde sich bald von alleine erledigen, denn Schotter sei mitnichten pflegeleicht: „Habt ihr denn wirklich geglaubt, mit einem lächerlichen Vlies und einer dünnen Schicht Steinchen Pflanzen stoppen zu können, die schon Millionen Jahre an erfolgreichem Existenzkampf hinter sich gebracht haben?“ Der Wind wehe Laub und Humus an, da helfe weder Flamme noch Chemie: „Das Leben wird siegen.“
Martin Ebner
Zum Lachen und Weinen:
– Die Horror-Fotosammlung „Gärten des Grauens“ wächst ohne Gnade: www.facebook.com/GaertenDesGrauens
– „Entsteint Euch!“ ist eine grünliebende Aktion aus Illertissen: www.museum-der-gartenkultur.de/
– Von Jörg Pfenningschmidt und Jonas Reif ist das Buch „Hier wächst nichts. Notizen aus unseren Gärten“ im Ulmer-Verlag erschienen.
Eine andere Welt ist pflanzbar
Wer Gartenbesitzern sterile Kieswüsten, fremdländische Forsythien und giftigen Kirschlorbeer verbieten will, der sollte selbst vormachen können, wie es besser geht. BUND, NABU und NaturFreunde haben deshalb bei der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn einen eigenen, 500 Quadratmeter großen Abschnitt am Neckarufer gestaltet, den „Garten der Umweltverbände“.
Blühende Stauden und bunte Schmetterlinge, glücklich fiepende Fledermäuse und zwitschernde Vögel rund ums Haus – dafür brauche es „nur wenig Aufwand oder Vorwissen“, verspricht der Naturschutzbund. Mit seiner Aktion „Blühende Gärten – damit es summt und brummt!“ will der NABU Baden-Württemberg dazu „motivieren und beraten, solche kleinen Paradiese zu schaffen“. Zu den Tipps gehört zum Beispiel simples Nichtstun, etwa „Gönnen Sie Brennnesseln, Karden und Disteln eine wilde Ecke“. Oder „Lassen Sie auch mal alle Fünfe gerade sein und ein wenig Laub herumliegen“. Vorträge gibt es dazu zum Beispiel in Volkshochschulen: www.blühendegärten.de
Hilfreiche Informationen zum Umgang mit ersehnten wie unerwünschten Gewächsen gibt es auch vom NABU-Gartentelefon: Unter der Telefonnummer 0711-966.72.58, beziehungsweise der E-Mail-Adresse Gartenberatung@NABU-BW.de beantwortet der Gärtner und Landschaftspfleger Thomas Höfer alle Fragen rund um das Thema „naturnah Gärtnern“.
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Foto: Garden in Radolfzell, Germany. Verda spaco en Radolfzell, Germanujo. Grün-, pardon: Graufläche in Radolfzell, Deutschland